"China im Wandel"

Soll die EU China den Marktwirtschaftsstatus verleihen

Die Veranstaltung China im Wandel fand am 11. Juli 2016 zum sechsten Mal im Foyer des Augsburger Medienzentrums statt. Zum Thema „Soll die EU China den Marktwirtschaftsstatus verleihen“ berichtete der Referent Reinhard Bütikofer, stellvertretender Vorsitzender der China-Delegation des europäischen Parlaments, über den Stand der Verhandlungen und die möglichen Folgen für die schwäbische Wirtschaft.

Die Volksrepublik China ist im Jahre 2001 der Welthandelsorganisation beigetreten und hat sich damit erstmals internationalen Handelsregeln unterworfen. Es wurden dabei einige Übergangsregelungen vereinbart. Eine wichtige Regelung zur Berechnung der Strafzölle für Dumping läuft am 11. Dezember dieses Jahres aus. Die Zeit eilt also, um diese strategisch wichtige Frage konstruktiv zu diskutieren und eine Lösung auf europäischer Ebene zu finden.

Herr Bütikofer betonte in seinem Vortrag, dass sich die europäisch-chinesischen Wirtschaftsbeziehungen im Wandel befinden und sich nun auch qualitativ verändern. Es muss seiner Meinung nach berücksichtigt werden, dass auch private chinesische Unternehmen in geopolitische und geostrategische Entscheidungen der chinesischen Regierung miteingebunden werden, wie das aktuelle Beispiel der KUKA Übernahme durch den chinesischen Haushaltsgerätehersteller Midea verdeutlicht. China strebe eine bessere technologische Entwicklung an, die letztendlich zu qualitativ hochwertigeren Produkten aus dem Reich der Mitte führt. Gleichzeitig brachte er seine Sorge über den wachsenden Wirtschaftsnationalismus in der Volksrepublik China zum Ausdruck. Es zeige sich im Moment in vielen Branchen keine Wirtschaftspolitik der Öffnung, sondern eher der Schließung.

Von l.n.r.: Stefan Geiger (Geschäftsführer, Chinaforum Bayern), Andreas Scherer (Vorsitzender, Mediengruppe Pressedruck), Michael-Florian Ranft (Partner, TaylorWessing), Reinhard Bütikofer (Ko-Vorsitzender der Europäischen Grünen Partei und stellv. Vorsitzender der China Delegation des Europäischen Parlaments), Dr. Stefan Söhn (Partner, MultiTrust Capital Partners), Klaus Korkisch (Niederlassungsleiter Raiffeisenlandesbank Oberösterreich AG)

Im Hinblick auf die Diskussion „China als Marktwirtschaft“ betonte Herr Bütikofer auch zwei wichtige Veränderungen in der EU. Zum einen gebe es vermehrt Allianzen z.B. im Bereich Stahl, die sich weiterhin gegen die Dumpingpreise aus China zur Wehr setzen, zum anderen habe sich nach der Finanzkrise ein neues Bewusstsein für Europas starke Industrie und eine stärkere Wertschätzung der industriellen Produktion gebildet.
Laut Herrn Bütikofer könne der Marktwirtschaftsstatus nicht verliehen werden und es gehe auch nicht um die Frage, ob China eine Marktwirtschaft ist. Vielmehr sei es nun Aufgabe der EU eine Politik zu schaffen, die in der Lage ist, Arbeitnehmerinteressen und industrielle Interessen zu vereinen und wirtschaftspolitische Lösungen, die WTO kompatibel sind, zu finden, um mit der aktuellen Situation umzugehen. Ebenfalls müsse es die EU schaffen, eigene Werte und Interesse auf passende und vernünftige Art und Weise zu kommunizieren, damit weder die EU noch China einen Gesichtsverlust erleiden. Denn die Debatte habe eine so hohe strategische Wichtigkeit, dass eine Konfrontation unbedingt vermieden werden sollte. So schlägt Herr Bütikofer vor, dass die EU nicht zu protektionistisch argumentieren dürfe, sondern versuchen sollte, das Argument der wirtschaftlichen und politischen Stabilität Europas gegenüber China anzuführen. So brauche es neue wirtschaftspolitische Schutzinstrumente, um die industrielle Wertschöpfung zu sichern und Arbeitsplätze in Europa zu erhalten. Dies sei wichtig, um ein weiteres Erstarken populistischer Kräfte zu verhindern. Zum Ende seines Vortrags betonte er nochmals, dass eine proaktive Industriepolitik auf EU-Ebene wichtig sei, um Instrumente zu schaffen, die bei Fällen wie KUKA greifen könnten.

Im Anschluss fand eine Podiumsdiskussion statt, bei der die rund 75 Gäste Gelegenheit hatten, sich näher mit der Thematik zu befassen. Der Abend endete mit einem Get-together. China im Wandel ist eine Gemeinschaftsveranstaltung der MBL China Consulting (heute MultiTrust Capital Partners), der Industrie- und Handelskammer Schwaben, dem Chinaforum Bayern e.V., Taylor Wessing, und der Raiffeisen Landesbank Oberösterreich.

Weitere Informationen:

B4B Wirtschaftsleben Schwaben